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Fliegen von Stange mit Sülzkotelett

In Ruhlsdorf produziert Deutschlands letzter Schleifenhersteller und feiert trotz Wirtschaftskrise Erfolge

Teltow - Üben muss Jürgen Stange schon lange nicht mehr. Mit ein paar einstudierten Handgriffen präsentiert er in weniger als fünf Sekunden seine frisch gebundene Fliege des Tages – oder wie er als der letzte deutsche Produzent für die edlen Halsgebinde sagen würde: Seine Schleife. „Fliege klingt für mich abwertend“, erklärt der 67-jährige Herrenmodekaufmann, der im Teltower Ortsteil Ruhlsdorf seine Manufaktur führt. Seitdem die Schleife von einer Frau, der französischen Mätresse Madame de Pompadour im 18. Jahrhundert erfunden wurde, ist sie zum festen Bestandteil der Herrenmode geworden und mal mehr und mal weniger im Alltag zu finden. Im Moment, so sagt Jürgen Stange, geht es wieder aufwärts mit der Schleifenmode.

In Frankreich wird die deutsche Fliege übrigens Schmetterling genannt, sagt Stange und streicht mit einer kurzen Handbewegung zärtlich über seine Schleife am Hals. Schon seit 75 Jahren produziert der Berliner Familienbetrieb Stange Schleifen, Krawatten, Westen, Kummerbunde und andere edle Herrenaccessoires. Nach der Wende, im Jahr 1993, siedelte sich Jürgen Stange, der das Unternehmen seines Vaters 1972 übernahm, in Teltow-Ruhlsdorf an. „Für heute Nachmittag“, sagt Stange, „hat sich ein 17-jähriger junger Mann angemeldet.“ Er wird die erste Schleife seines Lebens von ihm persönlich in der Ruhlsdorfer Fabrik gebunden bekommen. „Wenn die Leute wollen, können sie vorbeikommen und wir üben.“ Für Anfänger sei der Oberschenkel gut, sagt Stange und noch ehe man sich versieht, hat er seine eigene Schleife in wenigen Sekunden vom Hals ab- und am Oberschenkel angebunden – wie beim Schnürsenkelbinden, sagt er noch. Schleifen in frischen Rot-Tönen, in Lila oder Flieder seien bei den modebewussten jungen Leuten gerade in. Geld spiele bei einigen keine Rolle, sagt Stange, der selbst weiß, dass 40 bis 50 Euro für seine handgefertigten Accessoires keine Kleinigkeit sind.

Bestimmt an die 100 Schleifen, sagt Stange nach einer kurzen Denkpause, habe er zu Hause in seinem Schrank in Berlin-Zehlendorf zu hängen. Sich jeden Morgen für eine zu entscheiden, sei schwer. „Manchmal fahre ich ohne Schleife zur Arbeit und nehme mir hier eine neue“, sagt er. Heute hat er sich aus dem bunten Schleifenmeer in seiner Fabrik für eine dunkelrote entschieden. Indische Fruchtbarkeitssymbole sind darauf zu sehen. Ein klassisches Schleifenmuster, erklärt Stange. Unter Fachleuten werden die tropfenförmigen Kringel auch „Sülzkoteletts“ genannt, sagt er. Ohne Schleife habe man den Schleifenproduzenten nur selten zu Gesicht bekommen. Eine kurz Zeit, als er als junger Mann gegen seinen Vater rebellieren wollte, da habe er Rollkragen getragen. „Aber nicht lange“, sagt Stange.

Trotz weltweiter Wirtschaftskrise haben die Ruhlsdorfer Modestücke derzeit Konjunktur: „Wer eine Schleife trägt, bleibt in Erinnerung“, sagt er. So hätten die um Job und Aufmerksamkeit bangenden Banker und Börsenhändler die Vorteile der auffälligen Schleife wiederentdeckt. „Wenn ich in die S- oder U-Bahn steige, stehe ich mit meiner Schleife im Mittelpunkt.“ Knapp 30 000 seiner handgearbeiteten Schleifen brachte er im vergangenen Jahr unter die Leute.

„Wir arbeiten ausschließlich mit feinster italienischer Seide“, erklärt Stange bei einem Rundgang durch die Ruhlsdorfer Manufaktur. Von der Straße aus ist sie schon von weitem an den großen gelben Buchstaben an der Fassade zu erkennen, die den Fabrikverkauf verkünden. Zwischen 2000 Schleifen der aktuellen Kollektion kann man hier auswählen. Entworfen wurden fast alle übrigens von Stanges Ehefrau Gabriele. Schon seit dem das Paar den Betrieb übernahm, erdachte die heute 65-Jährige die Designs. Viermal im Jahr reist Stange mit seiner Frau und den Entwürfen ins italienische Como, einer der letzten bedeutenden Seidenstädte Europas. Hier werden die Papiervorlagen zu Seide. Später gehen die teuren Stoffe zurück nach Teltow, wo sie von Stanges sechs Näherinnen an massiven Maschinen verarbeitet werden.

Knapp eine halbe Stunde liege zwischen der Stoffrolle und der fertigen Schleife, erklärt Jürgen Stange. Viele seiner Privatkunden schauen des Öfteren in der Teltower Manufaktur beim redseligen Schleifenhersteller mit Altberliner Charme und Mundart herein. Zehn Euro kann man im Fabrikverkauf pro Schleife sparen. Zwar wird „Stange Berlin“, wie die Marke seit einigen Jahren offiziell heißt, auch in großen deutschen Modehäusern verkauft, aber eben nicht überall. So nehmen einige Stammkunden lange Wege in Kauf, um an ihre geliebten Schleifen zu kommen. Mit knapp 30 Stück sei ein Fabrikbesucher und Schleifenfreund einmal wieder glücklich aus Teltow abgereist. „Die Auswahl ist hier riesig.“ Viele verbringen hier Stunden und können sich dennoch nicht entscheiden. Statt einer Schleife sind es dann am Ende gleich drei und dazu gibts noch ein Stecktuch, sagt Stange und schmunzelt.

Die Manufaktur ist in der Stahnsdorfer Straße 3 in Teltow zu finden. Informationen unter www.stangeberlin.de

Quelle: Tobias Reichelt, Potsdamer Neueste Nachrichten, 17. April 2009

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